Zum Politikum entwickelt


Dem Leserbrief Frau Rückers kann ich mich nur anschließen und möchte einige ihrer Gedanken, besonders des letzten Absatzes, noch vertiefen. Für mich stehen im Zentrum der Turbulenzen um die Figurengruppe "Belus und Malou", die sich mittlerweile zu einem Politikum entwickelt haben, die Fragen "Warum sollen die Plastiken eigentlich weg" und "Wer möchte das?".
Dass das Kunstwerk Diskussionen in Gang gebracht hat, hat sich inzwischen gezeigt und ist als äußerst positiv zu bewerten. Eine inhaltliche Diskussion darüber, auch die zwischen Eltern und Kind, finde ich durchaus richtig und wichtig. Der Vorwurf, eine solche Plastik könne man nicht in der Nähe eines Kinderspielplatzes aufstellen, spiegelt für mich eher das Problem der Eltern wieder, die die reellen Bedrohungen des Alltags verkennen. Echte Perversion zeigt sich an ganz anderen Stellen, an denen es wert ist, diese zu bekämpfen (genannt seien hier zum Beispiel Gewaltverherrlichungen im Fernsehen). Statt dessen wird ein Kunstwerk bekämpft, über das Eltern mit ihren Kindern aus Konfrontationsangst nicht sprechen wollen.
Wie jede Plastik, die auf einem Platz steht oder einen Ort erst zu einem Platz macht, gefällt sie nicht jedem (die Rede ist hier von freier Kunst, nicht von Design!). Sie gehört aber zu dem Platz und ist selbstverständlich als Dauerleihgabe geplant. Diese oder andere inhaltliche Diskussionen scheinen nun jedoch hinfällig und wurden, anders als von vielen der Gesprächsteilnehmer erwartet, gar nicht erst weiter geführt. Es interessiert nicht mehr, wie das Kunstwerk gesehen wird, nicht einmal mehr, ob es gefällt oder nicht. Kunst ist ja sowieso nicht demokratisierbar.
Wenn aber nicht aus inhaltlichen Gründen, wieso sollen "Belus und Malou" dann überhaupt weg? Bei genauerer Betrachtung der Umstände muss man zu dem Schluss kommen, dass es keinen Grund gibt! Vor drei Jahren wurden die Plastiken aufgestellt, "seit nun einem Jahr laufen die Anwohner [...] gegen [sie] Sturm". Warum erst seit einem Jahr? Die Sache scheint sich zu einem Selbstläufer ausgewachsen zu haben, der vielleicht ursprünglich in den Reihen der Bürger entstand. Zumindest für den Außenstehenden ist aber nicht einmal klar, ob wenigstens eine Mehrheit gegen "Belus und Malou" im Bürgerverein Unter- und Mittelwiehre besteht, ohne dessen Zustimmung die Figurengruppe übrigens nie aufgestellt worden wäre.
Was sind daher die wahren Gründe? Finanzielle können es kaum sein, da der Auf- und Abbau dieser oder neuer Kunstwerke die Kassen der Stadt nicht gerade entlasteten. Dem Eindruck, der auch im Artikel "Kunstwerk oder Männerphantasie?" vom 1. Oktober vermittelt wird, die Figuren machten anderen Künstlern und ihren Werken den Platz streitig, wurde erst vor kurzem künstlich erzeugt: Das an sich gute Konzept des Herrn Störtzer macht "Belus und Malou" plötzlich zu einer Leihgabe auf Zeit. Verbirgt sich also hinter den Vorgängen, wie sie derzeit stattfinden, nicht einfach ein Beispiel deutscher Bürokratie zum Selbstzweck?
Phil Enders, Freiburg

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